Europäische Verordnung über Medizinprodukte 2017/745 (MDR)

Allgemeiner Hintergrund

Die technologischen Innovationen des letzten Jahrzehnts haben die Anzahl und die Invasivität medizinischer Produkte drastisch erhöht. Derzeit kommen in Krankenhäusern, kommunalen Pflegeeinrichtungen und Heimen in der EU mehr als 500.000 Produkte der Medizintechnik zum Einsatz. Bereits frühzeitig haben die Regulierungsbehörden begonnen, die Standards für Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit von Medizinprodukten auf dem europäischen Markt zu erhöhen und am 25. Mai 2017 zwei neue Verordnungen veröffentlicht:

  • Die Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte.
  • Die Verordnung (EU) 2017/746 über In-vitro-Diagnostika.

Die Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745 (MDR) ersetzt die Medizinprodukterichtlinie (93/42/EWG) (MDD) und die Richtlinie über aktive implantierbare Geräte (90/385/EWG) (AIMDD) und regelt die Herstellung, den Vertrieb und die Handhabung von Medizinprodukten auf dem EU-Markt. Seit dem 26. Mai 2021 sind alle Hersteller von Medizinprodukten, die ihre Produkte auf dem europäischen Markt in Verkehr bringen oder weiterhin in Verkehr bringen wollen, verpflichtet, die EU-MDR vollständig einzuhalten. Für einige Hersteller können bis zum 26. Mai 2027 und 2028* Übergangsregelungen gelten (Artikel 120 der EU-MDR).

Die EU-MDR ist umfangreicher als die MDD und die AIMDD und umfasst 100 Artikel und 5 Anhänge mehr, um die oben erwähnte Verbesserung der Qualitäts- und Sicherheitsstandards zu erreichen. Hierbei wurden einige Anforderungen völlig neu implementiert, andere Vorschriften erheblich erweitert mit dem Ziel, Lücken bezüglich der Qualitäts- und Sicherheitsstandards zu schließen und Grauzonen zu reduzieren. Durch den erhöhten Umfang sind die Hersteller aufgerufen, ausreichend Ressourcen einzuplanen, um:

  • sich in der MDR zurechtzufinden und sie zu verstehen,
  • die organisatorischen, QMS- und produktbezogenen Lücken zu ermitteln und
  • die notwendigen Änderungen durchzuführen.

Alle Hersteller von Medizinprodukten (Klasse I – III) und einige Hersteller von Produkten ohne medizinische Zweckbestimmung (Anhang XVI der Verordnung (EU) 2017/745) sind von der neuen Verordnung betroffen und müssen daher Änderungen an ihrem QMS und ihrer Technischen Dokumentation vornehmen. Inwieweit sich Anpassungen durch die EU-MDR auf einen spezifischen Hersteller auswirkt, hängt von der Art des Produkts und den weiteren Rollen des Herstellers ab. Die Aufrechterhaltung der CE-Zertifizierung, die in Übereinstimmung mit der EU-MDR erteilt wurde, erfordert darüber hinaus eine kontinuierliche und strenge Überwachung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit der auf dem Markt befindlichen Produkte.

*Im März 2023 wurde die Verordnung (EU) 2017/745 (EU-MDR) in Bezug auf die Übergangsbestimmungen für Medizinprodukte, die bestimmte Kriterien erfüllen, geändert. Die Änderung beinhaltet die Aktualisierung der Übergangsfrist gemäß Artikel 120 (3) der EU-MDR mit einer Verlängerung bis hin zum Jahr 2028, abhängig von der Risikoklasse des Produkts.

Support & Training

Wenden Sie sich an AKRA TEAM bezüglich Unterstützung, praktischer Umsetzung und personalisierter Schulungen Ihres Teams zur EU-MDR durch erfahrene Experten. Die Kernpunkte des Anpassungsbedarfs Ihres QMS aufgrund der EU-MDR sind in nachfolgender Auflistung aufgeführt.

Kernpunkte

Wichtige Änderungen, die die sofortige Aufmerksamkeit des Herstellers erfordern:

  • a

    Änderungen der Sicherheits- und Leistungsanforderungen.

    Diese sind Teil der 23 Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen der EU-MDR (Anhang I der Verordnung (EU) 2017/745). Diese Anforderungen sind weiter gefasst als die 13 grundlegenden Anforderungen der früheren MDD 93/42/EWG und enthalten zusätzliche Anforderungen, wie z. B. strengere Verpflichtungen zum Risikomanagement, Anforderungen an die Cybersicherheit, höhere Anforderungen an die Materialauswahl und Anforderungen an Produkte, die von Personen verwendet werden, die keine medizinischen Fachkräfte sind, sowie Anforderungen an die Entsorgung.

  • b

    Änderungen der Klassifizierungsregeln für Produkte.

    Die Klassifizierungsregeln (Anhang VIII der Verordnung (EU) 2017/745) wurden erheblich verschärft, was zu einer Neueinstufung einiger Produkte in eine höhere Risikoklasse und zur Einführung einer neuen Klassifizierung führte. Zum Beispiel: Produkte zum Ersatz von Bandscheiben werden von Klasse IIb in Klasse III hochgestuft, einige Softwareprodukte könnten ebenfalls in eine höhere Klasse fallen. Für wiederverwendbare invasive chirurgische Instrumente wurde eine neue Risikoklasse eingeführt, die Klasse Ir.

  • c

    Änderungen der Kennzeichnungs- und UDI-Anforderungen.

    Gemäß EU-MDR sind Hersteller dazu verpflichtet, dass den Produkten die in Anhang I Abschnitt 23 der Verordnung (EU) 2017/745 genannten Informationen in den Amtssprachen der Union beigefügt sind, die von den Mitgliedstaaten bestimmt werden, in denen das Produkt dem Anwender oder Patienten zur Verfügung gestellt wird. Zu diesen Informationen gehören beispielsweise die Verpflichtung zur Angabe des EU-Bevollmächtigten, der Hinweis auf dem Etikett, dass es sich bei dem Produkt um ein „Medizinprodukt“ handelt, Informationen über Restrisiken und ein Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung (SSCP) für implantierbare Produkte und für Produkte der Klasse III (andere als Sonderanfertigungen oder Prüfprodukte). Zu den weiteren Verpflichtungen gehören die Aktualisierung aller Marketinginformationen und der Gebrauchsanweisung (IFU) sowie die Erstellung von Implantatausweisen für implantierbare Produkte.
    Um die Rückverfolgbarkeit zu verbessern, soll das UDI-System die Meldung und Identifizierung von gefälschten Medizinprodukten erleichtern. Die Produktidentifizierungsnummer (Unique Device Identification, UDI) ist eine Reihe von numerischen oder alphanumerischen Zeichen, wobei der Hersteller für die Einhaltung aller UDI-bezogenen Anforderungen verantwortlich ist. Dazu gehören die Vergabe der UDI (und der Basis UDI-DI), die Registrierung der UDI (und der Basis-UDI-DI) in der EUDAMED-Datenbank und die Anbringung der UDI auf dem Etikett des Produkts oder auf seiner Verpackung. Im Fall von wiederverwendbaren Produkten sogar auf dem Produkt selbst (direkte Kennzeichnung). Die Einzelheiten dieses neuen Systems werden in den Artikeln 18, 19, 27 und 87 der Verordnung (EU) 2017/745 aufgeführt.

  • d

    Änderungen bei der Rückverfolgbarkeit und Berichterstattung – EUDAMED

    Bei der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) handelt es sich um ein gesichertes IT-System und ein webbasiertes Portal, in dem Informationen über Produkte, ihre Hersteller und andere Akteure, Konformitätserklärungen und Sicherheitsdaten gespeichert und bereitgestellt werden. Dazu zählen Vorkommnisse oder Beinahe-Vorkommnisse sowie Aktivitäten der Überwachung nach dem Inverkehrbringen, Sicherheits- und klinische Leistungsstudien und regelmäßige aktualisierte Sicherheitsberichte (PSUR). Die Hersteller müssen eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um die kontinuierliche Einhaltung der EUDAMED-Verpflichtungen sicherzustellen (Artikel 33 der EU-MDR).

  • e

    Änderungen bezüglich der Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS) und der Vigilanzanforderungen

    In Abschnitt III der EU-MDR werden die Anforderungen an die Hersteller zur Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Verfahrens zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen detailliert beschrieben (PMS). Dies gilt für alle Produktklassen, wobei sich die Anforderungen im Detail unterscheiden, da sie in einem angemessenen Verhältnis zur Risikoklasse und zur Art des Produkts stehen müssen. Die EU-MDR führt den Plan zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen ein (Artikel 84), der Teil der Technischen Dokumentation ist, und den regelmäßig aktualisierten Bericht zur Sicherheit (PSUR) (Artikel 86) für Produkte der Klassen IIa, IIb und III (während der gesamten Lebensdauer des Produkts). Die Hersteller von Produkten der Klasse I müssen einen Bericht über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen erstellen (PMS-Report).
    Die Vigilanzanforderungen werden besser differenziert und bringen die Rechtsvorschriften auf den neuesten Stand gemäß der EU-MDR (Kapitel VII Abschnitt 2 (Artikel 87 bis 92). Die Meldefrist für „sonstige schwerwiegende Vorkommnisse“ wird auf 15 Tage verkürzt, und es wird eine Meldepflicht für den Fall eingeführt, dass die Häufigkeit oder der Schweregrad sonstiger Vorkommnisse erheblich zunimmt (Artikel 88), wie dies bereits in der Leitlinie MEDDEV 2.12/1 vorgesehen war. Die Hersteller sind verpflichtet, Vigilanzberichte an die EUDAMED-Datenbank zu übermitteln (Artikel 92), sobald das Vigilanzmodul verfügbar ist.

  • f

    Änderungen bezüglich der klinischen Bewertung

    Die EU-MDR postuliert strengere Anforderungen an die klinische Bewertung, wobei die meisten Anforderungen wie der klinische Bewertungsplan bereits Teil des Leitfadens MEDDEV 2.7/1 Rev. 4 waren, nun aber in der Verordnung 2017/745 ausdrücklich als obligatorischer Prozess für die klinische Bewertung aufgeführt sind. Darüber hinaus stellt die EU-MDR klare Erwartungen an den klinischen Bewertungsbericht, wie z. B. für die Äquivalenzroute und dem Nachweis ausreichender klinischer Evidenzen. Die EU-MDR führt auch spezifische zusätzliche Verfahren (Anhang IX Abschnitt 5) für implantierbare Produkte der Klasse III und für aktive Produkte der Klasse IIb ein, die zur Verabreichung und/oder Entfernung eines Arzneimittels bestimmt sind, wobei die benannte Stelle des Herstellers der Kommission die klinische Dokumentation des Herstellers und seinen klinischen Bewertungsbericht zur Konsultation durch ein ausgewähltes Expertengremium vorlegen muss.

  • g

    Änderungen bezüglich der obligatorischen Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb der Organisation

    Gemäß Artikel 15 (c) der europäischen Verordnung über Medizinprodukte (2017/745) müssen Hersteller mindestens eine für die Einhaltung der Vorschriften verantwortliche Person (Person Responsible for Regulatory Compliance, PRRC) benennen. Zu den Aufgaben der PRRC gehören wichtige Compliance-Aktivitäten wie die technische Dokumentation, die EU-Konformitätserklärung und die Überwachung nach dem Inverkehrbringen. Die PRRC muss über ein bestimmtes Maß an Erfahrung und Wissen in der Medizinprodukteindustrie verfügen.

  • h

    Ausweitung des Geltungsbereichs

    Produkte, die bisher nicht als Medizinprodukte eingestuft waren, fallen nun unter die EU-MDR als Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung, z. B. farbige Kontaktlinsen, ästhetische Dermalfüller, Fettabsaugungs- oder Lipolysegeräte und Geräte für hochintensive Strahlung. Die Einzelheiten und Anforderungen werden in einem separaten EU-MDR-Dokument behandelt: Die gemeinsamen Spezifikationen der Europäischen Kommission für Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung, die in Anhang XVI der Verordnung (EU) 2017/745 aufgeführt sind, wurden im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. EU) L 311 vom 02.12.2022 veröffentlicht.

  • i

    Gemeinsame Spezifikationen

    Artikel 2 (71) der EU-MDR definiert „gemeinsame Spezifikationen“ (Common Specifications, CS) als eine Reihe von technischen und/oder klinischen Anforderungen, die keine Normen sind, und die ein Mittel zur Einhaltung der für ein Produkt, ein Verfahren oder ein System geltenden rechtlichen Verpflichtungen darstellen. Dieses Konzept wird in Artikel IX der EU-MDR näher erläutert, in dem die MDR die Hersteller anweist, sich an die veröffentlichten CS zu halten, wenn keine anderen harmonisierten Normen existieren oder wenn die einschlägigen harmonisierten Normen nicht ausreichen oder wenn es notwendig ist, Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit zu berücksichtigen. Die bisher bekannten CS befassen sich mit verschiedenen Themen im Zusammenhang mit der EU-MDR, z. B. mit den Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen (in Anhang I), der Technischen Dokumentation (in den Anhängen II und III) und den Anforderungen an Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung (in Anhang XVI).

  • j

    Spezifizierung der Rolle von Wirtschaftsakteuren

    Die neuen Vorschriften für Wirtschaftsakteure geben allen Beteiligten Leitlinien für die Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben an die Hand und tragen zur Organisation der Wirtschaftsakteure bei, die an der Herstellung, der Einfuhr, dem Vertrieb und dem Verkauf von Medizinprodukten in der Europäischen Union beteiligt sind. Zu den Wirtschaftsakteuren zählen Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure und Händler. Da die Wirtschaftsakteure eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit und Leistung der Medizinprodukte auf dem EU-Markt spielen, werden durch die Änderungen die Rückverfolgbarkeit und die Rechenschaftspflicht verbessert. Die Anforderungen an Wirtschaftsakteure sind in den Artikeln 10, 11, 13, 14 und 30 der EU-MDR detailliert beschrieben.

Unsere Leistungen

Schulungen

AKRA TEAM kann Herstellern das erforderliche Schulungspaket für die spezifischen EU-MDR-Kompetenzanforderungen des Unternehmens anbieten. Hersteller können Schulungen und Workshops zu ausgewählten Themen und/oder allgemeine EU-MDR-Schulungen anfordern.

Entwicklung von Verfahrensanweisungen und Dokumentvorlagen

Setzen Sie sich mit AKRA TEAM in Verbindung, wenn Sie einen Partner suchen, der die erforderlichen EU-MDR-konformen Dokumentvorlagen und/oder die fertige Dokumentation erstellen kann. AKRA TEAM verfügt über kompetente Experten, um Teile Ihrer Technischen Dokumentation zu erstellen und zu pflegen, wie z. B. klinische Bewertungsberichte und Kurzberichte über Sicherheit und klinische Leistung, QMS-Dokumentation, Standardverfahren für die Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS), Vigilanz und Berichterstattung, Beschwerdemanagement und Risikomanagement sowie andere Dokumente, die für ein EU-MDR-konformes Qualitätsmanagementsystem erforderlich sind.

Gap-Analysen

Unabhängig davon, ob Sie als Hersteller bereits mit der Umsetzung von Änderungen am QMS oder der Technischen Dokumentation zur Erzielung der EU-MDR-Konformität begonnen haben oder nicht, kann AKRA TEAM eine Gap-Analyse durchführen. Auf diese Weise können wir Ihnen helfen einen präzisen und zielgerichteten Plan für die rechtzeitige und vollständige Umsetzung der EU-MDR zu entwickeln.

Umsetzung

AKRA TEAM bietet praktische Unterstützung bei der Implementierung an. Die Beratung und Betreuung durch das Team reicht von der Beratung und der Erläuterung von möglichen, regulatorischen Strategien und deren Konsequenzen bis hin zur intensiven, täglichen Zusammenarbeit vor Ort und/oder virtuell mit den zuständigen Mitarbeitern des Herstellers.

Kontinuierliche Aktualisierung der Dokumentation

Sobald die MDR-konforme Dokumentation implementiert und der benannten Stelle vorgelegt wurde, muss sie kontinuierlich aktualisiert werden. Die Gründe für einen Aktualisierungsbedarf sind vielfältig und umfassen u.a. geänderte Anforderungen an die Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS), durch die Regulierungsbehörden, den Markt, Änderungen der Produktdaten oder Anpassungen durch den Hersteller selbst. AKRA TEAM sorgt für die Nachverfolgung und unterstützt Hersteller dabei, die Konformität der Dokumente aufrecht zu erhalten.

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